Baltische Bücher - Lesenswertes aus Estland, Lettland & Litauen
Bereits seit 2007 stellt dieser Blog ins Deutsche übersetzte Publikationen aus Estland, Lettland und Litauen vor. Gleichzeitig werden Publikationen deutschsprachiger Autorinnen und Autoren mit estnischen, lettischen oder litauischen Themen einbezogen. Wir möchten aufrufen, verschiedene Leseeindrücke auszutauschen. Die hier aufgeführten Bücher werden für eine Vorstellung in der Radiosendung BALTISCHE STUNDE (Radioweser.tv) vorgeschlagen.
Donnerstag, 21. März 2024
Mart Kivastik: Barbarus
Verlagsinfo:
Johannes Vares ist in den 1930er Jahren – der Zeit der ersten estnischen Unabhängigkeit – Arzt und Lokalpolitiker. Unter dem Namen “Barbarus” ist er auch Schriftsteller. Seine Frau nennt ihn “Jungchen”; er heißt sie “Pieps” – Kosenamen aus besseren Zeiten.
Er lernt einen Russen kennen, der ihm bei Übersetzung seiner Gedichtbände riesige Auflagen in Aussicht stellt. Der Gedanke fasziniert Barbarus.
Dann kommt die Sowjetisierung, das Ende der Unabhängigkeit. Bevor sie den Präsidenten Konstantin Päts absetzen und verschleppen können, brauchen die Russen eine Marionette als Ministerpräsidenten: Johannes Vares, Barbarus. Dass er nur Spielfigur ist merkt er, als er für die Befreiung eines inhaftierten Dichterfreundes nichts bewirken kann. Wird die Ehe mit Pieps die Wandlung vom liberal-progressiven Schöngeist zum Erfüllungsgehilfen der Sowjets überstehen? Wird die Marionette überleben?
Dienstag, 19. März 2024
Rūta Eidukevičienė, Hans Thill (Hrsg): Lied vom Spaziergang
Übersetzt von Rūta Eidukevičienė, Dalia Lorenz, Sigita Barniškienė. Nachdichtungen von Uwe Kolbe, Dagmara Kraus, Thomas Kunst, Marcus Roloff, Lara Rüter und Sonja vom Brocke. ISBN: 978-3-88423-709-0, 26,00 EUR.
Verlagsinfo:
Dass Litauisch eine der ältesten Sprachen Europas ist – der
zeitgenössischen Lyrik des baltischen Landes ist das nicht anzumerken.
Die Sammlung vereint Gedichte, die sich im Gespräch mit der Gegenwart
wissen. Aufregend neu – von namhaften Lyrikern ins heutige Deutsch
gebracht. Hier versteht sich Nachdichtung als kreative Arbeit am
lebenden Gedicht.
Für Birutė Grašytė-Black ist »Kindheit« ein krasser Schreckensort.
Vaiva Grainytė weiß, dass »der Tsunami kein Vegetarier« ist und »jedes
Tier seinen Strichcode« besitzt. In seinem Gedicht »So weit das Feuer
reicht« zeigt sich Donatas Petrošius kühn und angriffslustig. Tautvyda
Marcinkevičiūtė schreibt ihren »Brief an Sylvia Plath«, während Nerijus
Cibulskas wissen möchte, »wer kämmt (…) die widerspenstigen Haare des
Cellos?«, dekretiert Simonas Bernotas: »wenn man Pech im Leben hat, ist
man glücklich nach dem Tod«.
Donnerstag, 14. März 2024
Rimantas Kmita: Remyga
Verlagsinfo:
Litauen Ende der Achtzigerjahre. Nachdem er in der sowjetischen Armee in
Afghanistan gedient hat, kehrt Remyga in seine Heimatstadt Šiauliai
zurück. Er möchte ein normales Leben führen – ein guter Ehemann und
Vater, ein pflichtbewusster Polizist sein. Doch die Schatten der
Vergangenheit und das Chaos um ihn herum werden immer dichter und
dunkler, und die finsteren Mächte gewinnen immer mehr an Einfluss. Er
wird von seinen Albträumen heimgesucht und trifft in seiner Heimatstadt
auf die Liebe, die sein Leben jedoch nur noch mehr durcheinanderbringt.
Wie kann man in einer solch chaotischen Gesellschaft die Grenze zwischen
Gut und Böse ziehen? Wie kann man sich selbst und anderen gegenüber
ehrlich bleiben? Wie kann man seine inneren Dämonen kontrollieren? Was
ist der Preis der Unabhängigkeit – politisch und persönlich?
Litauen
erlangt seine Unabhängigkeit zurück, doch das Böse ist noch immer in den
Menschen verankert. Remyga riskiert seine Liebe, seinen Sohn und sein
Leben, um dieses zu vertreiben.
Freitag, 8. März 2024
Tauno Vahter: Die 11 Fluchten des Madis Jefferson
Verlagsinfo:
Madis Jefferson hält es an keinem Ort, schon gar nicht unter Zwang: Mit Witz und Tempo berichtet Tauno Vahter von einem, der nur auf der Flucht zu Hause ist.
Vahters packendem Schelmenroman liegt die unglaubliche Lebensgeschichte von Johannes Lapmann alias Madis Jefferson zugrunde, der Anfang des 20. Jahrhunderts in einem Dorf an der Küste Estlands geboren wird. Bereits mit acht Jahren wird Madis in Stockholm aufgegriffen und zu seiner entsetzten Mutter heimgebracht: Er hatte sich als blinder Passagier auf einem Schiff nach Schweden versteckt, weil er mehr von der Welt sehen wollte. Das bleibt nicht die letzte Eskapade des Vagabunden, weitere spektakuläre Fluchtversuche werden folgen und Madis bis in die USA führen – ihm allerdings auch Gefangenschaft in sowjetischen Lagern einbringen. Dieses Buch ist ein hinreißender und tragikomischer Roman über Freiheit und die Frage, wie weit Gesellschaften gehen, um die Freiheitsliebenden zu unterdrücken.
Tauno Vahter - geboren 1978 in Tallinn, lebt in Estland als Verleger, Lektor, Übersetzer (aus dem Finnischen und Englischen) und Schriftsteller. Für seinen Debütroman „Die 11 Fluchten des Madis Jefferson“ erhielt er den renommierten Eduard-Vilde-Preis. In seiner Freizeit ist er aktiv im Quiz-Sport und belegte 2012 mit seinem Team den ersten Platz der European Quizzing Championships.
Donnerstag, 29. Februar 2024
Christofer Hermann (Hg.): Burgen in Livland
Verlagsinfo:
Das Handbuch „Burgen in Livland“ ist eine aktuelle Synthese zur historischen Wehrarchitektur im heutigen Estland und Lettland. Darin wird eine Übersicht zu den mittelalterlichen Wehrbauten dieser Region an der nordöstlichen Grenze des westeuropäischen Kulturbereichs gegeben. Die Autoren gehen den Fragen nach der Genese, Entwicklung und Einbindung der dortigen Baukunst in den europäischen Kontext nach. Der zeitliche Schwerpunkt der Darstellung liegt zwischen dem späten 12. und der Mitte des 16. Jahrhunderts. Das Handbuch gliedert sich in drei Hauptabschnitte: Historische Einführung, Entwicklung und Merkmale der Burgenarchitektur, Katalogteil mit der Beschreibung von 110 Burgen. Der Band ist mit aktuellen Fotos, historischen Ansichten und Plänen reich illustriert.
Mittwoch, 24. Januar 2024
Rita König: Greta
Verlagsinfo:
Was passiert, wenn man einen Lebensabschnitt auslöscht?
Nach achtzig Jahren beschließt Greta, noch einmal ihr Kindheitshaus zu sehen. Die Reise über Polen nach Lettland wird für sie nicht nur körperlich anstrengend – vor allem kämpft sie mit den Erinnerungen, die sie verdrängte, verdrängen musste.
Zur gleichen Zeit fliegt Marita nach Lettland, um ihren Geliebten zu suchen. Sie findet Greta und begleitet sie. Greta könnte ihre Großmutter sein – aber ist sie deshalb klüger? Zu Hause in Lettland, wie sie behauptet, mit einer Kindheitsliebe und den Dainas als Trost?
Zwischen traumatischen Erinnerungen und dem Johannisfest breitet sich ein Leben aus, das neun Jahrzehnte umfasst und Greta die Entscheidung abverlangt, wohin sie gehört.
Rita König (*1962) ist diplomierte Betriebswirtin und lebt in Potsdam. Für ihre literarische Arbeit erhielt sie zahlreiche Aufenthaltsstipendien, wie zum Beispiel im Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf. Bisher veröffentlichte sie ihre Erzählungen in Literaturzeitschriften und Anthologien.
Samstag, 20. Januar 2024
Lote Vilma Vītiņa: Der kleine Dichter und der Duft
Verlagsinfo:
Es war einmal ein kleiner Dichter, der vor einem großen, leeren Blatt Papier saß und dem so gar nichts einfiel, worüber er schreiben könnte. Doch auf einmal kam durch das offene Fenster eine Wolke herein und sie brachte einen Duft mit, der ihm direkt in die Nase flog! Den Duft von Sommerregen. Der Dichter folgte dem Duft und er kam in die Stadt und den Park – und überall duftete es nach anderen schönen und nicht so schönen Dingen. Und plötzlich wusste er auch wieder, worüber er schreiben konnte …
Ein bezauberndes Kinderbuch über die Düfte in der Natur und der Stadt mit kleinen Gedichten und fantasievollen Bildern, die dazu anregen, die Umgebung bewusst und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Und im kunterbunten Vorsatzpapier ist sogar eine duftende Erdbeere versteckt!
LOTE VILMA VĪTIŅA (geb. 1993) lebt in Riga und ist eine lettische Illustratorin, Comiczeichnerin und Lyrikerin. Sie hat an der Lettischen Kunstakademie Malerei studiert und an verschiedenen Ausstellungen und Residenzen in Lettland und im Ausland teilgenommen. Ihre Zeichnungen sind lebendig und gefühlvoll, leicht und spontan. Lote Vilma Vītiņa zeichnet mit der Hand und mit Tusche, oft mit Aquarellfarben. Ihre Illustrationen und Comics wurden von „Liels un mazs“, „kuš!“, „KUTIKUTI“, „Popper“ und anderen veröffentlicht. Ihr Lyrikdebüt meitene (dt. Das Mädchen) wurde 2020 mit dem Goldenen Apfel ausgezeichnet, dem wichtigsten Buchpreis für Buchkunst in Lettland. Für ihr 2021 erschienes Buch Ūdenstornis(dt. Der Wasserturm) erhielt sie den Lettischen Literaturpreis 2022. Die Originalausgabe des Kinderbuches „Der kleine Dichter und der Duft“ erschien im Verlag Aminori in Riga und wurde 2019 mit dem Goldenen Apfel sowie für seine Illustrationen 2020 mit dem Kinder- und Jugendbuchpreis Jānis Baltvilks ausgezeichnet.
https://lotevilma.com/
LIL REIF (geb. 1975 in Dresden) studierte Russisch, Portugiesisch und Jura in Berlin, Moskau und Évora und wurde mit einer Arbeit im Bereich Soziolinguistik promoviert. Während eines dreijährigen Aufenthalts an der Fakultät für Translationswissenschaften der Hochschule Ventspils lernte sie Lettisch und organisierte mit dem Internationalen Schriftsteller- und Übersetzerhaus und der Stadtbibliothek Werkstätten zum Literaturübersetzen. Sie lebt in Wien, wo sie neben ihrer Arbeit als Expertin für Europäische Forschungsförderung Literatur aus dem Lettischen übersetzt. 2018 erhielt sie für die Übersetzung eines Auszugs aus dem Roman „Der Geschmack von Blei“ von Maris Berzinš den Übersetzerpreis der Stadt Wien.
Samstag, 2. Dezember 2023
Aušra Kaziliūnaitė: Feiertags Makeup
Verlagsinfo:
Aušra Kaziliūnaitė ist eine Stimme der neuen Generation der
litauischen Lyrik. Sie verbindet Visualität, Präzision der Form und eine
philosophische Perspektive, um das Wesen der Dinge und Phänomene zu
hinterfragen.
ich ging hinaus
ich ging hinaus ins freie
mitten in meinem zimmer
dort sind leere straßen
alle überholen einander
eine bucklige alte
schleppt mit letzter kraft ihren sack
randvoll gefüllt mit frühling
Freitag, 3. November 2023
Linda Grant: Die trotzige Schönheit der Welt
Verlagsinfo: Mina Mendel geht zum Pilzesammeln in den Wald und trifft dort einen hübschen jungen Bolschewiken, der eine Revolution plant. Wir schreiben das Jahr 1913 in Lettland. Sie ahnt nicht, dass diese zufällige Begegnung sie über das Meer und in eine neue Welt führen wird – sie bricht nach Amerika auf und landet in Liverpool. Auch dort nimmt ihr Schicksal unerwartete Wendungen: Ihr Bruder kämpft im Ersten Weltkrieg und rettet einem Mann das Leben, den sie später heiratet; sie bekommt eine Tochter, die wie eine Prinzessin aus dem Hause Windsor zu sprechen lernt und versucht, ihre Herkunft hinter sich zu lassen ... Minas Begegnung im Wald, durch die alles begann, wird zum Mythos, immer wieder neu erfunden, bis sie ein Eigenleben entwickelt.
Linda Grant erzählt von einer Frau, die lernt, für sich einzustehen, und ihrem Leben, das ein ganzes Jahrhundert umspannt: vom Rigaer Hafenviertel über Liverpool bis ins London der Nachkriegszeit. Ein Roman über das Aufbrechen und Ankommen, über die Suche nach Glück und nicht zuletzt über Erinnerung und die Geschichten, die unser Leben bestimmen. Ein warmes, lebendiges Familienepos voller Charme und Witz, mit dem man die große Linda Grant endlich auch auf Deutsch entdecken kann.
Die Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel «The Story of the Forest» bei Virago Press, London
Mittwoch, 1. November 2023
Signe Viška / Elīna Brasliņa: Kati will Großvater werden
Verlagsinfo: Kati weiß, was sie werden will: Großvater. Davon lässt sie sich auch
nicht abbringen, als die andern sie belächeln. Kati eignet sich an, was
zu einem Großvater gehört: große Hände zum Akkordeon spielen oder
Streichhölzer und Bonbons für die Jackentasche. Sie schafft es auch, so
viel Zeit wie Großvater zu haben. Nur – wie bekommt sie weißes
Wolkenhaar? Kurzerhand klebt sich Kati Watte in die Mütze. Und schon
bald sitzen die zwei Großväter zusammen am Tisch und machen
Großvaterdinge: zum Beispiel Milchtrinken.
Signe Viška (*1997) ist Autorin und Übersetzerin. Sie lebt in Riga. Die deutsche Textfassung stammt von der Autorin.
Die Originalausgabe des Buches erschien unter dem Titel "Kate, kas gribēja kļūt par vectēvu" bei "Liels un mazs", Riga 2021.
Donnerstag, 26. Oktober 2023
Mir war, als ob es klopfte
Verlagsinfo:
Die Anthologie Mir war, als ob es klopfte stellt zwölf Dichter:innen aus Lettland mit jeweils fünf Gedichten vor. „Mit dem Buch wollen wir vor allem eines: neugierig machen auf mehr. Denn die Lyrikproduktion in Lettland ist von der Quantität ebenso wie von der Qualität her schlichtweg beeindruckend. Lesen Sie Lyrik aus Lettland! Unsere Anthologie können Sie auch gerne wie einen Reiseführer verwenden, um sich ausgehend davon selbst auf Entdeckungsreise in die Welt der lettischen Lyrik zu begeben!“ (Aus dem Nachwort).
Übersetzt und herausgegeben wurde die Anthologie von Astrid Nischkauer und Kalle Aldis Laar. Mit Texten von Anna Auziņa, Anna Belkovska, Krista Anna Belševica, Madara Gruntmane, Valentīns Lukaševičs, Anita Mileika, Artis Ostups, Inga Pizāne, Ligija Purinaša, Agnese Rutkēviča, Māris Salējs und Toms Treibergs.
Mittwoch, 25. Oktober 2023
Melanie Frank: Sprache im Spannungsfeld von Nation und Demokratie
Verlagsinfo: Ausgangspunkt der Arbeit ist die Frage nach dem Verhältnis von Demokratie und Nationalismus in der Sprachenpolitik seit Zusammenbruch der Sowjetunion. In diesem Politikfeld wurden wichtige Schlüsselentscheidungen der postsowjetischen Transformation getroffen, die den Umgang mit den russischsprachigen Minderheiten in den jungen Staaten betrafen. Die Bedeutung der Sprachenpolitik für die politische Transformation wird zunächst anhand vier Länder mit großen russischsprachigen Minderheiten – Estland, Lettland, Moldau und Ukraine – herausgearbeitet. Im Anschluss wird in einer Tiefenanalyse des lettischen Falls geprüft, ob Kriterien für eine Vereinbarkeit von Nationalismus und Demokratisierung in Lettlands Sprachenpolitik seit Wiedererlangung der Unabhängigkeit gegeben waren. Auf Grundlage der Auswertung eines umfangreichen Korpus originalsprachlicher Primärquellen wurden die politischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse im Feld der Sprachenpolitik herausgearbeitet und analysiert. Melanie Frank zeigt auf, inwiefern die Kriterien für eine Vereinbarkeit von Demokratisierung und Nationalismus nicht erfüllt wurden und in der lettischen Sprachenpolitik demokratische Anforderungen hinter den Zielen einer nationalisierenden Politik zurückstanden. Die Arbeit schließt mit einer Einordnung der Ergebnisse vor dem Hintergrund zweier Ereignisse, die in Verbindung mit der Sprachensituation und einem geringen Vertrauen der Bevölkerung in die politischen Institutionen eine besondere Herausforderung für die lettische Demokratie darstellten: die Corona-Pandemie, die im März des Jahres 2020 Lettland erreichte, und der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar des Jahres 2022.
Samstag, 21. Oktober 2023
Anete Melece: Der stibitzte Schlaf
Verlagsinfo:
Wer hat bloß Stellas Schlaf stibitzt? Als Stella auch nach neun Büchern noch nicht müde ist, machen sie, Paps, die Detektive Nilpferd und Flamingo, deren treuer Gefährte Bobby und all die anderen Bewohner des Kinderzimmers sich auf die Suche …
Es ist viel einfacher einzuschlafen, wenn man vorher noch ein Buch liest. Das weiß jeder, auch Stella und ihr Paps. Aber Stella ist nach neun Büchern noch immer kein bisschen müde! Bei der Hotline des Schlaflieferservice behaupten sie, sie hätten Stellas Schlaf schon längst geliefert. Hat ihn etwa jemand gestohlen? Die beiden Detektive Nilpferd und Flamingo und deren treuer Gefährte Bobby nehmen sofort die Ermittlungen auf. Wo sie den Schlaf schließlich finden, wird hier nicht verraten.
Anete Melece erzählt mit Witz, Charme und Leichtigkeit in ihrem unverwechselbar kraftvollen Stil davon, wie schwierig es manchmal ist, in den Schlaf zu finden – ein Problem, das allen Kindern und Eltern rund um den Erdball wohlbekannt sein dürfte. Mit diesem Buch ist der Schlaf dann ganz schnell da und beschert die buntesten, süßesten Träume.
Sonntag, 15. Oktober 2023
Anti Selart, Mati Laur: Dorpat / Tartu
Verlagsinfo: Als Bischofssitz gegründet, durch den Hansehandel mit Russland reich geworden, dank der Landesuniversität als „Embach-Athen“ gerühmt, sowjetisches Sperrgebiet: Dieses Buch führt seine Leserinnen und Leser durch die spannende und wechselhafte Geschichte der in Estland gelegenen Europäischen Kulturhauptstadt 2024. Weit im Nordosten, nahe der russischen Grenze, scheint Dorpat/Tartu in Estland eine abgeschiedene Provinzstadt am Rande Europas zu sein. Dabei ist die Stadt am Embach/Emajōgi seit ihrer Gründung auf viele Weisen europäisch vernetzt: Zunächst als Bischofssitz im mittelalterlichen Livland (heute: Estland und Lettland) in die Strukturen der römischen Kirche. Als Hansestadt kontrollierte sie mit Riga und Reval/Tallinn den Handel zwischen Russland und dem übrigen Europa. Und seit der Neugründung der Universität 1802 waren ihre Absolventen weit über die Grenzen des russländischen Kaiserreichs gefragte Experten. Doch blieb Dorpat nicht allein Ausbildungsort der deutschbaltischen Eliten, sondern wurde zu einem Kristallisationspunkt der estnischen Nationalbewegung. Die wechselhafte Geschichte des „wohl besten Wohnorts in der Welt“ (Mati Laur), von Aufbau, Zerstörung und Wiederaufbau, schildern die Autoren mit wissenschaftlicher Expertise und estnischem Humor.
Montag, 11. September 2023
Andrus Kivirähk: November
Verlagsinfo:
»November« nimmt uns mit in ein namenloses Dorf in Estland, in eine Zeit, als die Esten den Deutsch-Balten als Leibeigene dienten, und zwar mit einer gehörigen Portion Bauernschläue und Zynismus. Die Bediensteten im Herrenhaus klauen alles, was nicht niet- und nagelfest ist und treiben damit regen Handel …
Veiko Tammjärvs Graphic Novel, basierend auf dem gleichnamigen Kultroman des estnischen Autors Andrus Kivirähk, vermischt Absurdes und Groteskes mit einem einzigartigen Humor und strotzt vor übersinnlichen Elementen, gespickt mit estnischer Folklore und Mythologie. Da gibt es etwa die Geister der Toten, die zu Allerseelen an den Familientisch geladen werden, den Teufel, den man beschwören kann und die Pest, die in mannigfaltiger Gestalt ihr Unwesen treibt. Und nicht zu vergessen sind die aus allen möglichen Haushaltsgegenständen gefertigten ›Kratts‹, die den Esten bei ihren Machenschaften gegen die Obrigkeit helfen.
Samstag, 26. August 2023
Laura Vinogradova: Wie ich lernte, den Fluss zu lieben
Verlagsinfo: Als ihr Vater stirbt, flieht Rute aufs Land. Weg vor ihren Liebsten, vor
der Stadt, vor sich selbst. Schier unerträglich ist die Leere, die sie
in sich spürt. Und der Schmerz, der sie seit Jahren begleitet. Rutes
Mutter sitzt im Gefängnis, die Schwester ist verschwunden, ihren Vater
hatte sie nie kennengelernt. Und doch ist da etwas, das sie sanft und
fordernd zurück ins Leben holt …
Wie viel Leid kann ein Mensch
ertragen? Laura Vinogradovas Romandebüt erzählt von einem Leben, das von
Sehnsucht geprägt ist. Und von einem einsamen Haus weit draußen am
Fluss.
Zur Autorin: Laura Vinogradova, geboren 1984, stammt aus Lettland und schreibt Bücher für Kinder und Erwachsene. Sie studierte Betriebswirtschaft an der Technischen Universität Riga und fing mit 30 Jahren mit dem Schreiben an. Ihr erstes Buch »Baby Langnase aus dem Langnasendorf« (»Snīpulītis no Snīpuļciema«), eine Geschichte für Kinder, erschien 2017. Es folgten zwei Sammlungen von Kurzgeschichten – »Ausatmen« (»Izelpas«) und »Bärenhügel« (»Lāču kalns«). 2019 veröffentlichte sie das zweibändige Kinderbuch »Geschichten aus dem Wald (»Mežpasakas«). »Wie ich lernte, den Fluss zu lieben« (»Upe«) ist ihr erster Roman. Die Novelle stand auf der Shortlist für den jährlichen Lettischen Literaturpreis und wurde 2021 mit dem Europäischen Literaturpreis ausgezeichnet. Zuletzt erschien das Kinderbuch »Vater und Hund« (»Tētis un suns«). Laura Vinogradova lebt in Riga und arbeitet dort im Museum für Literatur und Musik. Derzeit schreibt sie an ihrem zweiten Roman.
Freitag, 4. August 2023
Odeta Rudling: Von der nationalen Form zum nationalen Inhalt
Verlagsinfo:
Odeta Rudling analysiert in Von der nationalen Form zum nationalen Inhalt die Ausformung der sowjetischen Folklorepolitik, die zwischen 1940 und 1990 zur Übertragung und partiellen Übernahme des sowjetischen Modells in der litauischen SSR führte. Mit dem Fokus auf lokale Akteure und deren Rolle in diesem Prozess veranschaulicht sie sowohl die Techniken der Eliten als auch die inhaltliche Transformation der Volkskunst, die sich einerseits auf der Mikroebene des staatlichen Volksmusikensembles, andererseits auf der Makroebene der staatlichen Massenkultur manifestierte.
Im Zentrum des Buchs steht die Frage danach, wie die Sowjetisierungsbestrebungen im Bereich der Folklorepolitik umgesetzt wurden und in welchem Verhältnis sie zur litauischen Nationsbildung standen. Vor dem Hintergrund der Forschung zur sowjetischen Nationalitätenpolitik demonstriert die Autorin, wie und weshalb die kulturpolitischen Maßnahmen zur Kontinuität der Neo-korenizacija beitrugen und damit auch der litauischen Nationsbildung mittels Sowjetisierung Vorschub leisteten. Die Stimulierung der nationalen Identität wird hier anhand zweier zentraler Erzählstränge aufgezeigt, mit der staatlichen folkloristischen Politik auf der einen und einer antimodernistischen ethnonationalistischen Bewegung auf der anderen Seite, die, obwohl sie sich getrennt voneinander entwickelten, im Spätsozialismus interagieren mussten und schließlich in den späten 1980er Jahren zur treibenden Kraft der „Singenden Revolution“ wurden.
Donnerstag, 1. Juni 2023
Urmas Vadi: Der Ballettmeister
Roman, aus dem Estnischen von Cornelius Hasselblatt. Rote Katze Verlag, Lübeck 2023. 300 Seiten, ISBN 978-3-9824732-5-3, 24 Euro.
Verlagsinfo: Estland 1940. Erst seit 22 Jahren ist der kleine Staat an der Ostseeküste unabhängig, da beenden die Sowjets die Freiheit brutal und verleiben sich das Land wieder ein. Der Präsident Konstantin Päts wird ins Innere Russlands verschleppt. Estnische Patrioten wollen das nicht hinnehmen und entsenden ein paar junge Männer, um den Präsidenten zu befreien. Getarnt als Ballettgruppe machen sie sich auf die weite Reise. Unter der Führung des „Ballettmeisters“, eines Feuerwehrmannes ohne Tanzkenntnisse, machen sie als Ballett Furore – aber erreichen sie ihr Ziel?
Freitag, 12. Mai 2023
Heike Mallad: Tage in Tallinn
Verlagsinfo: Wer in Tallinn weilt, kommt um den Domberg oder den Rathausplatz nicht herum. Doch Tallinn bietet mehr als nur die üblichen Klischees einer bezaubernden Altstadtroman-tik. Das ganz normale Leben, Menschen und Menschliches gibt es nämlich auch. Und genau diese Mischung spiegelt sich im literarischen Stadtführer von Heike Mallad wider: Er führt mit seinen sehr persönlichen, tagebuchähnlichen Ge-schichten durch eine faszinierende Stadt. Und dennoch gelingt es, den etwas anderen Blick hinter die manchmal überlaufenen Kulissen zu werfen. Tallinn wird so zu einem außergewöhnlichen und sehr individuellen Erlebnis. Anekdoten, witzige Details und scheinbare Nebensäch-lichkeiten machen Lust statt Touristenfrust, öffnen die Augen für die wahre Schönheit eine außergewöhnlichen Stadt und machen den Weg frei – für ganz besondere Tage in Tallinn.
Samstag, 1. April 2023
Ina Pukelytė: Die Frolleins von der Freiheitsallee
Roman, aus dem Litauischen von Markus Roduner. 256 Seiten, ISBN 978-3-96311-704-6, Mitteldeutscher Verlag, Halle / Saale 2023.
Verlagsinfo:
Der Sonnenuntergang am Vorabend des Zweiten Weltkrieges.
Zwei Frauen, zwei Träume, zwei Schicksale
Lebendige Sprache und Dialoge mit jiddischen und polnischen Einsprengseln
Eine Liebeserklärung an die alte Hauptstadt Litauens
»Dieser Roman ist eine Hommage an die Generation meiner
Großeltern, die nach zwei Weltkriegen ihre tragischen Geschichten
aufgrund seelischer Traumata und politischer Verfolgung nicht richtig an
ihre Enkelkinder weitergeben konnten.« Ina Pukelytė
Kaunas,
das kleine Paris Litauens, in den 30ern. Die Stadt erlebt ihre
Blütezeit. Ebenso wie die beiden jungen Frauen Zosia und Rachel aus der
Freiheitsallee. Zosia ist Buchhändlerin und träumt vom großen
Familienglück. Rachel ist Schauspielerin mit atemberaubenden
Karriereplänen und darf im Jüdischen Theater von Kaunas auftreten.
Keine von ihnen ahnt, wie kurzlebig ihr Glück sein wird und dass ihnen
schließlich ihre Herkunft zum Verhängnis wird. Wie schnell wird der
dunkle Schatten des Krieges alles in der alten Hauptstadt Litauens
verändern, und was müssen die beiden Frauen alles ertragen?
Die
Lebensgeschichten von Zosia und Rachel, die einander schließlich
begegnen, vermitteln ein eindrückliches Bild des Lebens in Kaunas
zwischen 1932 und dem Zweiten Weltkrieg. Ein mitreißender und
bewegender, preisgekrönter historischer Roman über zwei unerwartet
miteinander verflochtene Frauenschicksale und eine Stadt, die sowohl ein
Goldenes Zeitalter als auch den Zusammenbruch aller Hoffnung erlebte.
Freitag, 31. März 2023
Klaus Grammel: Fischele
Eine Liebe im Getto von Wilna. 148 Seiten, Verlag Hentrich & Hentrich, Leipzig 2023. ISBN 978-3-95565-591-4, 22,00 €.
Verlagsinfo:
Er gab ihr seine Jacke, spätabends am 6. September 1941, in einem zugigen, von verzweifelten Menschen vollgestopften Treppenhaus im Getto von Wilna. Alex, der Lisa bis dahin noch nie gesehen hatte, tat dies, obwohl er nur noch an sich selbst denken wollte. Welch‘ eine ungeheure Kraft diese kleine Geste für sie beide in sich barg, ist ihnen äußerlich nicht anzumerken. Sie veränderte sein Leben wie auch ihres. Noch Jahrzehnte später, als er im Sterben lag, dachte er an dieses vermeintlich unbedeutende Erlebnis zurück.
So begann die Liebe zweier junger Menschen in einer grausamen, durch und durch lebensfeindlichen Welt. Als Juden waren sie von den Nationalsozialisten dazu bestimmt worden, ermordet zu werden. Welchen Sinn macht die Liebe in der Hölle?
Alex hat diese, seine wahre Geschichte Klaus Grammel erzählt und ihm das Versprechen abgenommen, sie niederzuschreiben.
Mit einem Geleitwort von Rabbiner Andreas Nachama
Freitag, 24. März 2023
Boris Lurie in Riga
Bewegende Erinnerungen Luries an seine Zeit während des Nationalsozialismus in Riga – wie lässt es sich mit dem Erlebten weiterleben?
Im Spätsommer des Jahres 1975 bestieg Boris Lurie in New York ein sowjetisches Schiff, um nach Riga zu fahren und damit nach über 30 Jahren wieder in die Stadt zu kommen, in der er aufgewachsen war und wo er die Schrecken der deutschen Besatzungszeit hautnah miterleben musste. Insbesondere ein Geschehnis änderte dabei den Lauf seines Leben, als im Dezember 1941 im Wald von Rumbula Tausende Juden hingerichtet wurden, darunter Familienmitglieder Luries sowie seine damalige Freundin. Luries Leben teilte sich in ein vor und ein nach Rumbula, und sein Besuch dieses Ortes während seiner Reise führte auch dazu, dass er mit dem Schreiben begann und darüber in den Dialog mit denjenigen, die nicht mehr da waren.
Nach Luries Tod entdeckte man in seinem Nachlass mehrere Boxen, gefüllt mit schriftlichen Aufzeichnungen und Zeitungsausschnitten. Aus Riga zurückgekommen, hatte Lurie damit begonnen, seine Erinnerungen an Riga während des Zweiten Weltkriegs niederzuschreiben, aber auch die Empfindungen während seiner Reise festzuhalten. Ein berührender Text, der die Frage aufwirft, wie man danach weiterleben kann.
Mittwoch, 1. Februar 2023
Wolfgang Petz: Zuflucht auf Zeit
Ein Glücksfall für die Nachwelt ist, dass der litauische Fotograf Kazys Daugėla den Alltag dieser Menschen einfühlsam dokumentierte. Seine Bilder berichten vom Leben in Massenquartieren, von der Unterbringung in Dachkammern, von Winterkälte und dem Mangel an Nahrungsmitteln. Trotz dieser schwierigen äußeren Bedingungen entfalteten die Litauer ein bemerkenswertes kulturelles Leben, organisierten Gottesdienste, Schulunterricht, Sportveranstaltungen, Konzerte und Theateraufführungen.
In einer Zeit, in der materielle Not, Diktatur und Krieg wieder Millionen Menschen heimatlos machen, gewinnen Kazys Daugėlas Aufnahmen an aktueller Bedeutung.
Freitag, 20. Januar 2023
Richard Zelenka: Vertraute Fremde
Verlagsinfo:
Es ist eine ziemlich wundersame Geschichte, die in diesem Büchlein
erzählt wird. Und die geht so: Ein reicher Modeunternehmer mit großem
Herz schenkt einem kleinen Dorf im Norden Lettlands ein modernes
Krankenhaus. Was für eine Sensation! Das muss groß in der Zeitung
stehen. Dafür soll der zuständige Lokalredakteur sorgen. Mit gemischten
Gefühlen tritt Richard Zelenka die Dienstreise ins Ungewisse an. Sie
führt ihn bis an den Rand der Zivilisation.
Fremd und vertraut - wie
passt das zusammen? Diese Begriffe schließen sich scheinbar aus. Und
doch: Fremdes wird vertraut, wenn man bereit ist, sich auf Neues und
Ungewohntes einzulassen. Die Annäherung ist zuweilen ein langer und
zäher Prozess. Die Mühe lohnt sich. Meistens.
Wenn's gelingt, wird
das Leben reicher. Der Titel dieses Büchleins "Vertraute Fremde" ist
Programm. Er beschreibt das ganz persönliche und subjektive Herantasten
des Autors an Lettland, das kleine baltische Land im Norden Europas:
"Mein Lettland".
Aus dem Abenteuer wird eine Passion. Immer wieder
reist Richard Zelenka ins Baltikum. Er trifft viele Menschen dort und
berichtet über ihre Mentalität, ihr Denken und ihren Humor, der so
anders ist als unser. Allmählich werden aus Fremden Freunde, im
Idealfall sogar beste Freunde.
Lustige und skurrile Geschichten aus
dem lettischen Alltag werden dem Leser in diesem Büchlein erzählt.
Nebenbei erfährt er einiges aus der lettischen Geschichte, Kultur und
Politik.
Mit
Präposition: aus, mit, von
Freitag, 13. Januar 2023
Mathias Niendorf: Geschichte Litauens
Regionen, Reiche, Republiken 1009–2009. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. ISBN: 978-3-447-10822-5, 566 Seiten, 49,00 Eur[D] / 50,40 Eur[A].
Verlagsinfo:
2009 beging die Republik Litauen ihre Tausendjahrfeier. Wer sich in
Deutschland über historische Hintergründe informieren wollte, war
bislang auf wenige, überwiegend veraltete Werke angewiesen. Diese Lücke
wird nun von Mathias Niendorfs neuer Gesamtdarstellung geschlossen. Auf
Basis des aktuellen Forschungsstands bietet sie einen Überblick vom
Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit. Quellennah und anschaulich
zeichnet Niendorf den Aufstieg eines heidnischen Landes zu einem
mittelalterlichen Großreich nach, schildert die Folgen einer immer enger
werdenden Anlehnung an Polen und analysiert den sozialen und
kulturellen Wandel im Zarenreich. Besondere Aufmerksamkeit gilt der
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Teil dieser häufig dramatischen
Geschichte ist die Erlangung staatlicher Unabhängigkeit nach dem Ersten
Weltkrieg, ihr Verlust als Folge des Hitler-Stalin Pakts und nicht
zuletzt die Ermordung von Litauens Juden unter deutscher Besatzung. Bis
in die Zeiten der Republik bzw. Sowjetrepublik wird den
Handlungsspielräumen vor Ort nachgegangen. Fragen des Zusammenlebens von
Litauern und Polen, Juden, Russen und Weißrussen gehören zu den
Schwerpunkten der Darstellung. So wird der Blick „von oben“ mit einem
Blick „von unten“ konfrontiert. Das Interesse gilt nicht nur politischen
Eliten und gesellschaftlichen Strukturen, sondern ebenso konkreten
Lebenswelten, Hütten und Palästen, Straßen und Plätzen. Exemplarische
Biografien illustrieren das Schicksal eines Landes, seine
Traditionslinien und seine Brüche.
Donnerstag, 12. Januar 2023
Andris Kuprišs: Berlin
Kurzgeschichten. Aus dem Lettischen von Bettina Bergmann. Ammian Verlag, Berlin 2022. ISBN 978-3-948052-59-1, 20.00 Euro.
Verlagsinfo:
Das Berlin, in dem der Autor mit seinem wütenden Doppelgänger
herumläuft, ist kein geografischer Ort. Es ist eine ganze Welt – von den
staubigen Straßen in Agenskalns bis zu den seelenlosen Autobahnen
Deutschlands, von der Krankenstation bis zur Eckkneipe. 22 Texte und
eine Novelle versammelt der Band Berlin: alltägliche Begebenheiten, Begegnungen und Beobachtungen.
Andris Kuprišs, geboren 1982, ist Autor und Übersetzer. Er studierte
Journalismus an Latvijas Universitate in Riga und Fotografie an der
Goldsmiths University in London. 2019 erschien in Lettland seine erste
Kurzgeschichtensammlung „Berlin“. Seine Essays und Prosatexte erscheinen
in diversen Literaturmagazinen, u. a. Satori und Rigas Laiks.
Samstag, 3. Dezember 2022
Maria Bosse-Sporleder: Im Kielwasser der Zeit
ISBN: 978-3-938871-22-5, 18 Euro.
Verlagsinfo:
Die Texte in Im Kielwasser der Zeit − überwiegend
Kurzgeschichten − gliedern sich in zwei Sektionen: „Herkunft“ und
„Begegnung“. In „Herkunft“ ist der Blick auf Estland gerichtet, das
Land, in dem die Autorin geboren wurde, das sie als Kind verlassen
musste und in das sie nach 1991 zurückkehrte und in verschiedenen
Aufgaben tätig war. „Herkunft“ thematisiert Familienvergangenheit,
rekonstruiert und imaginiert Lebensläufe der Vorfahren. Die politische
und gesellschaftliche Entwicklung unter kurzer deutscher und sehr langer
sowjetischer Besatzungszeit durchdringt das Erzählte. „Begegnung“ fängt
Momente ein, in denen intensiver Kontakt zwischen Menschen entsteht; es
wird deutlich, wie sich Begegnungsweisen in den vergangenen 60 Jahren
verändert haben.
Dienstag, 29. November 2022
Laurynas Katkus: Schwankende Schatten
Der junge Philologe Vytautas, auf der Suche nach seinem Platz in der wissenschaftlichen Welt, verliert seinen Job als Dozent. Sein größter Lichtblick sind die Briefe eines baltendeutschen Abenteurers vom Anfang des 20. Jahrhunderts, in dessen Geschichten er sich spiegelt. Auf der Suche nach Glück durchstreift er seine Stadt Vilnius und macht sich wie viele seiner Generation als Saisonarbeiter mit Freunden auf den Weg nach Deutschland.
Schwankende Schatten, das erste Prosawerk des litauischen Dichters und Essayisten Laurynas Katkus, ist eine subtile Geschichte über die Macht unbändiger Fantasie und die Suche nach Sinn in einer scheinbar unendlich freien Welt.
Montag, 28. November 2022
Jens U. Boettcher: Das Treffen
Verlagsinfo: April 1939. Ein junger lettischer Hobbyfotograf wird an der Ostsee bei Riga von einem älteren Unbekannten angesprochen, der sich an seiner Architekturfotografie interessiert zeigt. Bei einem zweiten Treffen am folgenden Tag bittet der elegant gekleidete Unbekannte den jungen Mann um Unterstützung bei der Beschaffung eines geeigneten Orts für ein höchst geheimes Treffen zweier hochrangiger ausländischer Delegationen. Als der Jüngere Hilfsbereitschaft signalisiert, wird er vom Älteren auch gleich zur Betreuung der als sehr klein angekündigten Delegationen engagiert.
Nach dem Krieg lässt Stalin, der um jeden Preis verhindern will, dass das Treffen bekannt wird, nach dem Mann suchen. Im März 1953 wird er endlich in Riga geschnappt.
Zehn Jahre nach seinem Tod findet sein Sohn, ein ausgeprägt national gesinnter deutscher Geschichtsprofessor, die Unterlagen über das Treffen. Er erkennt darin sofort das noch fehlende Puzzlestück, das endlich Klarheit darüber verschafft, wie Hitler und Stalin wirklich zueinander standen, warum der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt in so atemberaubend kurzer Zeit zustande kommen konnte, warum Stalin nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion im Juni 1941 zuerst an ein Kommunikationsfoul seiner Generäle glaubte, und welche Rolle dabei ausgerechnet ein deutscher Schulatlas spielte. Darüber hinaus entdeckt er die wahre Identität des Vaters und muss zudem erkennen, dass auch er nicht der ist, für den er sich sein Leben lang gehalten hat. Er veröffentlicht die Aufzeichnungen und landet einen Sachbuch-Bestseller.
Der unvermeidlichen zweiten Auflage fügt er noch einiges hinzu - über seine Mutter zum einen, zum anderen aber darüber, wie in den Medien zuweilen mit der Geschichte umgegangen wird.
Mittwoch, 16. November 2022
Andrejs Urdze: Geschichte Annabergs und des BCSB / BCB
Informationen zum Buch:
Der Baltische Christliche Bund e.V. feiert 2022 sein 75-jähriges Bestehen und gleichzeitig ist das "Haus Annaberg" seit 70 Jahren im Besitz des BCB. Anlässlich dieses doppelten Jubiläums erscheint dieses Buch, das auf die verschiedenen Etappen der Geschichte des Bundes, sowie auch des Hauses zurückblickt.
Damit ist ein Projekt zu einem gewissen Abschlusses gebracht worden, das bereits vor mehr als 50 Jahren begonnen wurde. Einer der Gründungsmitglieder des damaligen Christlichen Studentenbundes - Paulis Kļaviņš hatte bereits in den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts Material über die ersten Jahre des BCSB zusammengetragen und verfasst. Frau Dr. Rudzīte hat diese Arbeit anschließend fortgesetzt, ohne dass es aber zu einer Veröffentlichung gekommen ist. Deren Arbeit bildet so aber die Grundlage der Anfangskapitel dieses Buches. Die Quellen zur Vorgeschichte Annabergs sind gesondert aufgeführt.
Eine wichtige Quelle über die Jahre des Aufbruchs und das weitere Werden des Bundes, über die Anfangsjahre Annabergs war die lettischsprachige Zeitschrift des BCSB "Vēstnesis" (Der Bote). Hinzu kamen zahlreiche Protokolle, Kongressberichte, Briefe, Rundschreiben des BCSB, sowie Mitschriften von Frau Dr. Rudzīte. Der Darstellung der litauischen Aktivitäten auf Annaberg lagen einige Artikel der litauischen Zeitschrift des BCSB "Annabergo lapelis" (Das Annaberger Blättchen) zugrunde, sowie längere Berichte von Arthur Hermann, die in den Annaberger Annalen veröffentlicht wurden. Lebendig gemacht wurde die jeweilige Atmosphäre durch diverse Aussagen in Interviews, die ich in den letzten 15 Jahren mit Zeitzeugen geführt habe.
Auch die Betrachtungen der Wendezeit fußen zum Teil noch auf Materialien der genannten Zeitschriften des BSCB, dann aber, vor allem was die politischen Aktivitäten anbetrifft, auf eigene Erfahrungen und Erinnerungen.
Das geistige Leben der Nachwendezeit wurde teilweise durch Ausführungen zu den Kongreß- und Tagungsprogrammen des BCSB, sowie durch Auszügen aus Vorträgen sichtbar gemacht. Die Bedeutung Annabergs sowohl als baltisches Zentrum kam sehr gut durch Transkriptionen entsprechender Würdigungen auf dem Jubiläumskongress 2002 zum Ausdruck. Wie schon zuvor, so konnte auch die Nachwendezeit durch Interviews anschaulich und lebendig gemacht werden, die schließlich in den Annaberger Impressionen ihren Niederschlag fanden.
Mit diesem Buch liegt erstmals eine Darstellung der sozialen, wirtschaftlichen und strukturellen Entwicklungsprozesse auf Annaberg vor, sowie eine Geschichte des Baltischen Christlichen Studentenbundes, der 2010, mangels studentischer Mitglieder, ofiziell in Baltischer Christlicher Bund (BCB e.V.) umbenannt wurde.
Freitag, 14. Oktober 2022
Schirin Nowrousian: Wilna-Worte
Verlagsinfo: Wilna-Worte ist eine Hommage an die Hauptstadt Litauens, an deren
Einwohner und an Schirin Nowrousians eigene Zeit vor Ort. Drei volle
Jahre hat die Lyrikerin im Herzen von Vilnius gelebt und gewirkt, hat
zahlreiche Menschen kennengelernt und unermüdlich die Straßen, Gassen
und Höfe der Stadt sowie die Außenbezirke und umliegenden Orte
durchstreift. Der Blick aus ihrem Küchenfenster fiel auf den Ort, wo
einst die große Synagoge von Vilnius stand.
Der Band besingt und
feiert auf vielfältige Weise Vilnius und seine Menschen und er endet
(und beginnt zugleich) mit einem Abschiedstext, der in Juodkrantė auf
der kurischen Nehrung entstanden ist und eine Art Traum-Versprechen
darstellt: das Versprechen nämlich einer Fortsetzung ihres Gesangs –
ein Einstimmen auf das Besingen vieler weiterer Orte des südlichsten
der drei baltischen Länder.
Schirin Nowrousian, geboren 1975 in
Bochum, ist Lyrikerin, Autorin und Übersetzerin (aus dem Englischen,
Französischen und weiteren romanischen Sprachen). Sie ist
Rezitatorin, Moderatorin, Dramaturgin, Sprachlehrerin und
Forscherin. Neben Deutsch ist Französisch ihre Leib- und Lebenssprache.
Der lebendige Umgang mit Sprachen begleitet sie, wohin auch immer es
sie trägt. Von September 2014 bis August 2017 forschte und lehrte sie am
Lehrstuhl für Deutsche Philologie an der Universität Vilnius in
Litauen. Sie lebt bei Bremen auf dem Land.
Dienstag, 13. September 2022
Denise von Weymarn-Goldschmidt: Von Konkurrenten und Lieblingen
Geschwisterbeziehungen im deutschbaltischen Adel des 18. und 19. Jahrhunderts. Reihe:
Veröffentlichungen des Nordost-Instituts, Band 28, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. ISBN: 978-3-447-11865-1, 219 Seiten, 35.00 Euro (D) / 36.00 Euro (A).
Verlagsinfo:
Bis anhin herrschte in der Familiengeschichte vorwiegend eine vertikale,
hierarchische Perspektive. Anhand von autobiografischen Schriften
deutschbaltischer Adliger untersucht Denise von Weymarn-Goldschmidt die
horizontale Ebene in Familiengefügen, nämlich die
Geschwisterbeziehungen. Dabei unterscheidet sie zwischen
Vollgeschwistern, Halbgeschwistern, Stiefgeschwistern und illegitimen
Kindern. Gerade der Umgang mit den illegitimen Kindern verdeutlicht den
Unterschied zwischen nominellem und gelebtem Familienverständnis.
Fokussiert wird zudem der häufig große Altersunterschied zwischen den
Kindern, wodurch die Geschwister teilweise erst im Erwachsenenalter
miteinander vertraut wurden. Weitere Themenfelder, die die Familien
prägten, sind Lieblingskinder, Aufwachsen von Geschwistern in getrennten
Haushalten, das gemeinsame Wohnen von erwachsenen Geschwistern und der
Umgang mit dem Tod von Geschwistern. Der große Altersunterschied
zwischen den Geschwistern führte zu Generationenverschiebungen und in
einigen Fällen zu Ehen zwischen Onkeln und Nichten. Die Folgen für das
familiäre Machtgefüge bei einer generationenübergreifenden Ehe und die
(fehlenden) Bezüge zum Inzestdiskurs werden genauso diskutiert wie die
Rolle von Onkeln und Tanten. Die vorliegende Untersuchung von
Geschwisterbeziehungen liefert ein neues Element zum Verständnis
historischer Familienformen.
Freitag, 9. September 2022
Zigmunds Skujiņš: Das Bett mit dem goldenen Bein
Roman, aus dem Lettischen übersetzt und mit Anmerkungen von Nicole Nau, mit einem Nachwort von Judith Leister (lettischer Originaltitel: "Gulta ar zelta kāju"). Mare Verlag, Hamburg 2022. ISBN: 978-3-86648-658-4, 608 Seiten, 48.00 Euro.
Verlagsinfo:
Zunte, ein lettischer Küstenort im ausgehenden 19. Jahrhundert: Noass
Vējagals zieht es vom elterlichen Hof aufs Meer und in ferne Länder,
während sein Bruder Augusts den heimischen Boden bestellt und mit Noass’
Frau einen Sohn zeugt. Dieser stirbt früh, derweil Noass’ leibliche
Tochter Leontıne sich zur rebellischen Schönheit entwickelt und mit
ihren Eskapaden nicht nur den eigenen Ruf aufs Spiel setzt. Davon
unbeirrt fährt ihr Vater weiter zur See und häuft Reichtümer an, um der
Familie ein großes Stadthaus zu bauen. Doch Hochzeiten, Kriege und
Revolutionen treiben Kinder und Kindeskinder der Vējagali fort von
Zunte. Jahrzehnte nach dem Bau seines Hauses stirbt Noass dort ganz
allein, und im Ort verbreitet sich eine Legende: Seine Reichtümer müssen
sich noch immer auf dem familiären Anwesen befinden, versteckt in einem
hölzernen Bettpfosten.
Zigmunds Skujiņš erzählt überbordend und mit feinem Schalk vom
wechselvollen Schicksal des lettischen Volks. Seine liebevollen, fein
ausgearbeiteten Figurenzeichnungen weisen ihn als großen Menschenfreund
und -kenner aus.
Zigmunds Skujiņš (sprich: Skuiensch) wurde 1926 in Riga geboren. Nach Anfängen im Journalismus wandte er sich ganz dem literarischen Schreiben zu. Zu seinem Werk gehören zahlreiche Romane und mehrere Erzählbände sowie Theaterstücke, Drehbücher und Essays. Skujiņš ist einer der renommiertesten Schriftsteller seines Landes. Sein Werk wurde in viele europäische Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft. Das Bett mit dem goldenen Bein (1984) gilt als sein größter Erfolg. Skujiņš starb im März 2022 in Riga.
Donnerstag, 8. September 2022
Martin Kulinna: Leben am Meer. Entlang der Ostsee.
Verlagsinfo: Seit 30 Jahren zieht es den Fotografen Martin Kulinna immer wieder an die Ostsee. Ihn reizt das Spiel der Elemente: Wasser, Himmel, Erde. Die Ostsee – das Mare Balticum – ist ein Binnenmeer des Atlantiks in Europa. An seinen Küsten leben circa 70 Millionen Menschen, die eine wechselvolle Geschichte miteinander verbindet. Das Land an der Ostsee ist weit. Keine hohen Berge und Gebirge verstellen die Sicht auf das Meer, der Himmel ist blau mit einem unverwechselbaren Grau, welches nur hier zu finden ist. Das Meer hinterlässt Spuren. Es prägt die Menschen genauso wie die Architektur an seinen Küsten. Der Bildband zeigt ausgewählte Orte und Situationen der Ostsee: etwa die motorradfahrenden Frauen auf der Insel Kihnu, die ihren Alltag auf der Insel meistern, während ihre Männer auf See sind oder auf dem Festland arbeiten; die Felsformationen auf der schwedischen Insel Fårö oder die breiten Bernsteinstrände von Lettland.
Samstag, 13. August 2022
Kätlin Kaldmaa: Lydia
Verlagsinfo:
Lydia
kennt in Estland sprichwörtlich jedes Kind: Die Gedichte der Autorin
Lydia Koidula gehören im Land zum Schulstoff, ihre Lieder werden an
grossen Volksfesten gesungen.
Doch von vorne: Lydia kommt 1843 in
Värna zur Welt. Den estnischen Staat, wie wir ihn heute kennen, gibt es
zu dieser Zeit noch nicht. Das Gebiet steht unter der Herrschaft des
russischen Zaren. Von der Mutter lernte Lydia Deutsch. Ihr Vater
wiederum wirkte als Lehrer und Journalist und gründete die erste
Tageszeitung in estnischer Sprache. Wörter, Sprache, Geschichten und
Gedichte werden Lydias Leidenschaft. Schon früh setzt sie sich aber auch
für Freiheit und Selbstbestimmung ein – das estnische Volk wird seit
Jahrhunderten von fremden Mächten unterdrückt.
Lydias Wunsch an der
Universität zu studieren geht nicht in Erfüllung, Frauen sind zum
Studium nicht zugelassen. Aber Lydia wird Lehrerin und mit 20 Jahrren
die rechte Hand des Vaters in der Zeitungsredaktion. Mit 22
veröffentlicht sie ihr erstes Buch, mit 25 Jahren organisiert sie das
erste estnische Sängerfest. Sie setzt sich nicht nur für die
Selbstbestimmung der Esten ein, sondern steht für Weltoffenheit, lernt
Finnisch, heiratet einen Letten und lässt sich im russischen Kronstadt
nieder. Als ihre Kinder sie eines Tages fragen, wo sie zu Hause sei,
sagt Lydia: «Mein Herz ist auf der ganzen Welt verteilt.»
Die
Unabhängigkeit Estlands erlebt Lydia Koidula selbst nicht mehr. Doch
ihre Werke leben bis heute weiter. Geschickt bettet die Autorin Kätlin
Kaldmaa die persönliche Lebensgeschichte in die wechselvolle Geschichte
des Landes ein. Dabei setzt sie den Schwerpunkt auf das Kind und die
Jugendliche Lydia und verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart, das
Persönliche mit dem Universellen. Jaan Rõõmus’ Illustrationen sind
federleicht und kraftvoll zugleich und setzen Lydias Geschichte lyrische
Akzente auf.
Die Autorin: Kätlin Kaldmaa (*1971) ist eine estnische Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturkritikerin. Bereits in ihrer Kindheit in der estnischen Provinz waren Bücher ihre große Leidenschaft – und eine gute Erklärung, wenn sie wieder einmal mit der Gartenarbeit nicht fertig geworden war. Später studierte sie estnische Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Englisch. Ihre zahlreichen eigenen Publikationen umfassen Gedichtbände, Kurzgeschichten, Romane und Kinderbücher. Dem Buch »Lydia« liegt eine mehrjährige Recherche zugrunde.
Der Illustrator: Jaan Rõõmus (*1990) hat Graphic Design an der Estnischen Akademie der Künste studiert. Er ist ein Illustrator, der gerne mit unterschiedlichen Techniken und Stilen experimentiert, um für jedes seiner Werke den passenden Ausdruck zu finden. Er setzt von der traditionellen Füllfeder und Tinte bis zur digitalen Technik alles ein, um seine vielseitigen Werke lebendig werden zu lassen. Jaan Rõõmus lebt und arbeitet in Tallinn.
Samstag, 11. Juni 2022
Bednarczuk / Rutz: Das historische Litauen als Perspektive für die Slavistik
Verlagsinfo:
Hinter dem Schlagwort ‚historisches Litauen‘ verbirgt sich ein riesiges
Forschungsfeld, das faszinierende Perspektiven bereithält – nicht nur
für Geschichtswissenschaft und Baltistik, sondern auch und gerade für
die Slavistik.
Im Großfürstentum Litauen fanden im Mittelalter
litauische und ostslawische Elemente zu einer Synthese. Das
Vielvölkerreich stieg zusammen mit dem Königreich Polen auf zur
europäischen Großmacht, bevor beide am Ende des 18. Jahrhunderts geteilt
wurden. Im 19. Jahrhundert kanalisierte sich Widerstand gegen die
russische Fremdherrschaft in zwei politischen Projekten, die auch das
literarische Leben entscheidend prägten. Der Wunsch nach einer
Restitution der polnisch-litauischen Rzeczpospolita und das Festhalten
an der polnischsprachigen Leitkultur konkurrierten mit dem Streben
einzelner Kollektive nach kultureller Identität und politischer
Emanzipation. Heute steht der Erinnerungsort ‚historisches Litauen‘ für
eine gemeinsame europäische Vergangenheit, die vor dem Hintergrund der
niedergeschlagenen belarusischen Revolution und dem russischen Angriff
auf die Ukraine Solidarität stiftet.
Die lange Zeit von
kommunistischer Zensur und nationalen Narrativen geprägte
Forschungslandschaft hat in den letzten Jahren begonnen, die
vielfältigen litauisch-belarusisch-polnisch-ukrainischen Verflechtungen
wiederzuentdecken und ihre Bedeutung neu zu diskutieren.
Samstag, 14. Mai 2022
Jānis Joņevs: Jelgava 94
Verlagsinfo:
Jelgava 94 ist der Kultroman aus Lettland. Es ist eine
witzige Coming-of-Age-Geschichte eines Jungen, der in Jelgava – einer
Stadt in der lettischen Provinz – aufwächst, erst Nirvana, dann die
Metal-Szene für sich entdeckt und neue Freundschaften schließt. Es ist
aber auch ein fast dokumentarisches Portrait des Lebens im
post-sowjetischen Lettland der 1990er Jahre, das Portrait einer
Generation, die auf der Suche nach ihrer eigenen Identität ist und Teil
einer Jugendkultur sein möchte.
Jānis Joņevs entführt den Leser in eine skurrile Welt: in die
Provinz, die den Aufbruch spürt, zu den Jugendlichen, die auf die großen
Ereignisse in ihrem Leben warten, in die aufgelassenen Bunker, in denen
Konzerte stattfinden, und zu den versteckten Tauschbörsen für
Musik-Kassetten. Er erzählt als Beobachter, der mitten drin im Geschehen
steckt, aber dann auch den Abstand gewinnt, um mit einem Hauch
Nostalgie auf die Ereignisse und die Zeit zurückzublicken.
Als Joņevs‘ Debütroman 2014 in Lettland erschien, erwies sich das
Buch schnell als großer Erfolg und nationaler Bestseller. Mittlerweile
wurde er ins mehrere Sprachen, u.a. ins Englische, Französische und
Spanische, übersetzt. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte Bettina
Bergmann. 2014 erhielt Joņevs den Literaturpreis der Europäischen Union
für Jelgava 94.
Sonntag, 1. Mai 2022
Christofer Herrmann / Birgit Aldenhoff (Hg.): Livland im Mittelalter
Verlagsinfo:
Auf dem Gebiet der heutigen Länder Estland und Lettland existierte vom
12. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts ein Verbund christlicher
Kreuzfahrerstaaten unter der Führung des Deutschen Ordens und des
Erzbischofs von Riga. Von dieser Epoche zeugen noch heute zahlreiche
Denkmäler mittelalterlicher Baukunst – Burgen, Kirchen und Städte. In
dem reich bebilderten Band werden in sechs Beiträgen eine historische
Einführung in die faszinierende Geschichte Livlands gegeben und
bedeutende Bauten der Region vorgestellt.
Mit Beiträgen von Bernhart Jähnig, Alexander Baranov, Christofer Herrmann, Agnese Bergholde-Wolf, Villu Kadakas und Ojārs Spārītis.
Freitag, 1. April 2022
Tomas Venclova: Variationen über das Thema Erwachen
Tomas Venclova ist einer der großen Dichter unserer Zeit. In seiner Heimat Litauen erlebte er den langen Winter des Totalitarismus, wegen seiner kritischen Haltung kam er in Bedrängnis. Es folgten Exil, Reisen und Heimkehr – die Lebensthemen seiner Lyrik –, doch als dieser unfreiwillige Weltbürger schließlich zurückkehrte, war das Land ein anderes. Was unverändert blieb, ist die rettende Kraft der Sprache. Stets beruft sich Venclova auf die Tradition der europäischen Literatur – von der griechischen Klassik bis zur Moderne. Lakonie, kristallklare Eleganz und feiner spöttischer Witz zeichnen seine Poesie aus, jene „unwirkliche Wirklichkeit", die sich unauflöslich mit der Erfahrung der Welt verwebt.
Und
Freitag, 25. März 2022
Rima Karaliene: Rudern durch den Stacheldrahtzaun
Info zum Buch:
Im Herbst des Jahres 1961 gewannen neun junge Litauer - aus dem Ruderverein Žalgiris Vilnius die Meisterschaften der UdSSR im Achter und wurden in die sowjetische Nationalmannschaft eingeladen. Obwohl sie sehr wichtige internationale Wettkämpfe vor sich hatten, wurden sie von den Echos der Nachkriegszeit auf Schritt und Tritt verfolgt. Die politischen Meinungen ihrer Eltern oder Angehörigen, ihre Zusammenarbeit mit Partisanen und ihre Beziehungen zum Militär des vorher unabhängigen Litauens waren Gründe für den KGB, sie daran zu hindern, ins Ausland zu reisen oder sie sogar aus der Mannschaft auszuschließen. So über Bord geworfen, bildeten die jungen Männer neue Mannschaften, bereiteten sich auf Wettbewerbe vor und starteten auf Regatten innerhalb der UdSSR. Dank der Beharrlichkeit, der Entschlossenheit der Ruderer und durch glückliche Zufälle hob der KGB im Jahr 1963 seine Beschränkungen für internationale Reisen auf. Sie konnten sich schließlich durchsetzen und gewannen das Recht, 1964 an den Olympischen Spielen in Tokio teilzunehmen.
Donnerstag, 24. Februar 2022
Sabine Bock: Herrenhäuser in Estland
Verlagsinfo:
Die 1918 gegründete und 1991 wiedererstandene Republik Estland ist ein
Teil der historischen Kulturlandschaft des Ostseeraumes. Sie umfasst das
historische Estland, das nördliche Livland sowie die Inseln Ösel und
Dagö. Bis zur Erlangung der Selbstständigkeit und zuletzt abermals
zwischen 1940 und 1991 wurden das Land und seine Bewohner von
wechselnden Mächten fremdbestimmt. Zunächst waren es mit der
Christianisierung die Dänen und der deutsche Schwertbrüderorden, dann
gelang es schon im 13. Jahrhundert dem Deutschen Orden, weite Teile des
Landes in seinen Machtbereich zu integrieren. Die Reformation brachte
das Ende des Deutschordensstaates und weckte unterschiedliche
Begehrlichkeiten. Nordestland unterstellte sich selbst dem Königreich
Schweden, Livland kam als Herzogtum zur Adels-Republik Polen-Litauen und
die Insel Ösel wurde dänisch. 1629 eroberte Schweden auch Ösel und
Nordlivland, doch 1721 gelang es dem russischen Zarenreich, Estland,
Ösel und Schwedisch-Livland zu russischen Provinzen zu machen. Zwischen
1795 und 1918 gehörte das ganze Baltikum zum Russischen Reich. Die dann
entstehende Republik Estland brachte mit einer Unterbrechung das Ende
der Fremdherrschaft.
Die Ostsee war seit dem Mittelalter der wichtigste Verkehrs- und
Handelsweg zwischen den angrenzenden Ländern und Regionen. Um die
Herrschaft über sie zu gewinnen, wurden immer wieder Kriege geführt,
die auch Estland vielfach zum Kriegsschauplatz werden ließen.
Seit der Frühen Neuzeit wurde die Landwirtschaft des Ostseeraums durch
die Gutswirtschaft charakterisiert. Die ausgedehnten Flächengüter
machten deren Gutsherren fast konkurrenzlos. Nur in Schweden gab es
neben den großen Gutshöfen auch immer eine größere Zahl eigenständig
wirtschaftender Bauern.
Die Zentren der ritterschaftlichen Güter waren die Herrenhäuser, deren
Entwicklungsgeschichte im Folgenden aufgezeigt werden soll. Sowohl der
Kultur- und Wissensaustausch über die Ostsee als auch die sich häufig
ändernden Machtverhältnisse hatten einen großen Einfluss auf die
Entwicklung.
Dienstag, 18. Januar 2022
Asche / Buchholz / Niendorf / Schiele / Schindling (Hrg.): Protestantismus in den baltischen Landen und in Litauen.
Verlagsinfo:
Noch in der Frühen Neuzeit gehörten die protestantisch geprägten Lande
Estland, Livland und Kurland mit ihrer jeweiligen deutschen Minderheit
auf der einen und das weitgehend katholische Litauen auf der anderen
Seite unterschiedlichen politischen Systemen an. Ende des 18.
Jahrhunderts waren sie zu Provinzen des Russischen Reiches geworden,
zuletzt Kurland und Litauen 1795. Während innerhalb der kleinen
deutschen Minderheit die tradierten sozialen Schranken im 19.
Jahrhundert bestehen blieben, setzte mit den Nationalbewegungen von
Esten, Letten und Litauern eine Dynamik ein, die im Ergebnis zur
Gründung der unabhängigen „baltischen“ Republiken Estland, Lettland und
Litauen am Ende des Ersten Weltkriegs führte. Seitdem wird die Region
der drei „baltischen Staaten“ im Deutschen als „Baltikum“ bezeichnet. Um
diese Entwicklung nachzuzeichnen und dabei möglichst viele ihrer
politischen, konfessionellen und kulturellen Aspekte und
Erscheinungsformen darzustellen und zu analysieren, kamen im Herbst 2013
im Tübinger Evangelischen Stift Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler der Disziplinen Musik-, Sprach-, und
Literaturwissenschaft sowie Kunst-, Religions-, Kirchen- und
Profangeschichte aus Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen,
Schweden und Deutschland zu einem Symposion zusammen, aus dem der
vorliegende Band hervorgegangen ist.
Autoren: Matthias Asche, Professor für Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Potsdam, Werner Buchholz, emeritierter Professor für pommersche Landesgeschichte und Landeskunde an der Universität Greifswald, Mathias Niendorf, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Greifswald, Patrick Schiele, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Anton Schindling †, emeritierter Professor für Mittlere und Neuere Geschichte (Frühe Neuzeit) an der Eberhard Karls Universität Tübingen
Samstag, 15. Januar 2022
Herbert Heinrich Beckmann: Es sind Kinder
Verlagsinfo:
Tine und Stefan sind ein Paar am Abgrund. Der dünne Faden, der ihre
Beziehung noch zusammenhält, ist ihr kleiner Sohn Leon. Doch als dieser
beim gemeinsamen Urlaub auf einer Insel mitten in der Baltischen See
plötzlich spurlos verschwindet, stehen die beiden vor einer ganz
besonderen Belastungsprobe.
Mit psychologischem Feingefühl zeichnet Herbert Heinrich Beckmann das
Psychogramm einer unglücklichen Beziehung in einer Atmosphäre
unerklärlicher subtiler Bedrohung. Sprachlich genau erzählt er mit
stetig steigender Spannung. Das Kind geht unterdessen seinen eigenen Weg.